Nach dem Streik ist vor dem Streik! Am 8. März 2019 fanden sich Hamburg etwa 10 000 Menschen zur größten feministischen Demonstration in seit weit über 10 Jahren zusammen. Das war ein Riesenerfolg und trotzdem nur ein Anfang. Denn wir meinen es ernst: Die Welt wird still stehen, wenn wir streiken!
Am 2. Februar findet die nächste Vollversammlung (offen für alle Frauen, Lesben, trans, inter und nicht-binären Personen) statt. Wir wollen nächste Schritte besprechen und mit den konkreten Planungen für den 8. März Streik 2020 beginnen!
Es ist das erste Mal, dass ihr an einer der Vollversammlungen teilnehmt? Dann kommt gerne schon eine halbe Stunde früher, um 12:30 Uhr vorbei und ihr werdet auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht.
Kommt vorbei und lasst uns den 8. März 2020 gemeinsam noch großartiger gestalten!
Schreibt uns bitte im Voraus eine E-Mail (8m_hamburg@riseup.net), falls ihr Assistenz, Übersetzung oder Kinderbetreuung benötigt.
Sonntag, 02.02.20 | 13:00 | Centro Sociale (Sternstraße 2)
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After the strike is before the strike! On March 8 2019, 10 000 people marched in Hamburg’s biggest feminist demonstration in well over 10 years. This was a big success, but only the beginning. Because we are serious: The world will stand still when we strike!
On February 02 the next major assembly (open for all women, lesbians, trans, inter and nonbinary people) will take place. We want to talk about possible next steps and start planning the next strike on March 8 2020!
It’s the first time you’re attending one of our major assemblies? We invite you to come half an hour earlier, at 12:30 p.m., so that you can be given an update about the current state of the plans in Hamburg.
Join us and let’s plan how we can make the feminist strike in 2020 even better!
Please send us a message or email in advance (8m_hamburg@riseup.net) if you are in need of assistance, translation or childcare.
Sunday, 02.02.20 | 13:00 | Centro Sociale (Sternstrasse 2)
Ohne unsere Arbeit würde sich auf dieser Welt kein Rad mehr drehen:
Wir haben die Macht, die Welt anzuhalten und sie grundlegend zu
verändern!
Aufruf zum
internationalen 8. März-Streik
Der 8. März ist der internationale Frauenkampftag.
Seit Jahrzehnten gehen wir an diesem Tag auf die Straße, um unsere Erfahrungen
und die gesellschaftlichen Missstände sichtbar zu machen, denen wir täglich ausgesetzt
sind. Wir sind Frauen, Lesben, nicht-binäre, trans und inter Personen und wir
sind Teil einer internationalen Bewegung. Auch im letzten Jahr gab es weltweite
Proteste. Dabei demonstrierten Millionen von Menschen weltweit. Allein in
Hamburg waren es 10.000 Teilnehmer*innen[1].
Auch 2020 werden wir hier und in aller Welt diese Erfolge weiterführen und
erneut die Spülbecken voll und die Bürostühle leer lassen: Wir werden
demonstrieren und wir werden streiken!
Was macht uns wütend?
Seit Jahren beobachten wir mit Sorge, dass
Feminizide[2]
verharmlost und als angebliche „Beziehungstaten“ abgetan werden. Allein im Jahr
2018 sind dadurch in Hamburg 9 Frauen und trans
Personen getötet worden. Ständig hören wir sexistische, homosexuellen-
und transfeindliche Kommentare, werden unterdrückt und ausgebeutet durch die
patriarchalen Verhältnisse. Unsere Arbeit wird gering geschätzt und unsichtbar
gemacht: Noch immer verdienen wir durchschnittlich 22% weniger als cis-Männer[3].
Zuhause übernehmen wir unzählige Stunden an unbezahlter Erziehungs-, Haushalts-
und Pflegearbeit. Im Alter sind wir häufig von Armut betroffen, weil wir mit unserer Rente nicht über die Runden
kommen. Wie selbstverständlich sollen wir die emotionale Unterstützung aller
Menschen in unserem Umfeld leisten und im Zweifelsfall dabei unsere eigenen
Bedürfnisse zurückstellen. So verschieden wir sind, wir sind alle
Arbeiter*innen! Ob mit Kugelschreiber, Schraubenschlüssel, Computer oder Besen
in der Hand, ob wir dafür Lohn bekommen oder nicht: Von uns wird erwartet, dass
wir klaglos, unbeachtet und bereitwillig alle diese Arbeiten übernehmen. Was
uns also vereint, ist die Kraft unsere entlohnte und nicht entlohnte Arbeit
niederzulegen!
Wer sind wir?
Wir sind
sehr unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Kontexten. Wir sind stark in
unserer Vielfalt und fordern das Recht
auf ein freies Leben in einer Gesellschaft, die gleiche Rechte für alle
garantiert. Am 8. März werden wir auf die Straße gehen, um das sichtbar zu
machen, was sonst im Privaten verschwindet und einen uns verbindenden Ausdruck
für unsere Erfahrungen zu finden, die sonst vereinzelt bleiben. Wir werden für
eine Gesellschaft eintreten, in der alle haben, was sie brauchen und in der
alle ohne Angst verschieden sein können. Denn wir wollen keine
gleichberechtigte Teilhabe an einem System, das auf Konkurrenz,
Diskriminierungen und Ausbeutung von Mensch und Umwelt basiert. Wir kämpfen für
einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel und einen antikapitalistischen
Feminismus.
Was wollen wir?
Der Streik ist eine Chance, verschiedene
Kämpfe zusammenzuführen und solidarisch gemeinsam aktiv zu werden. Wir kämpfen
für eine Welt, in der wir unseren Fähigkeiten und unseren Bedürfnissen
entsprechend arbeiten können und jede Arbeit wertgeschätzt wird. Wir machen
unsichtbare und unbezahlte Arbeit sichtbar. Wir politisieren Beziehungs- und
Familienzusammenhänge, denn das Private ist politisch. Wir wollen selbst
bestimmen, ob, wann und wie wir arbeiten, denn jede Sekunde unseres Tages ist
unsere Zeit.
Wir fordern die gesellschaftliche Anerkennung
und materielle Aufwertung von Berufen im Care-Bereich, wie der Pflege,
Erziehungs- und Reinigungsarbeit. Wir stellen uns gegen die Kriminalisierung
von Sexarbeiter*innen. Wir stehen für eine Gesellschaft ein, in der wir alle
ein gutes und sicheres Leben führen können!
Wir sind solidarisch mit den Kämpfen von
trans, inter und nicht-binären Personen auf der ganzen Welt, denn nur wir
bestimmen unser Geschlecht. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir
auszusehen, uns zu verhalten oder uns zu kleiden haben – und erst Recht lassen
wir uns nicht dafür angreifen oder beschimpfen. Wir brauchen keinen Schutz vor
cis-Männern, wir fordern ein Ende jeder Gewalt.
Jeder Angriff auf einzelne von uns ist ein Angriff auf uns alle!
Wir entscheiden selbst, ob oder mit wem wir
wann Sex haben und wen wir lieben. Wir kämpfen dafür, selbst über unsere Körper
zu bestimmen. Wir entscheiden, ob und wann wir schwanger werden wollen oder
wann wir abtreiben lassen!
Wir lassen uns nicht weiter rassistisch
diskriminieren oder als ‚exotische Schönheiten‘ sexualisieren. Ob ihr unsere
Namen aussprechen könnt oder nicht, wir werden uns nicht anpassen. Unser
Feminismus bleibt antirassistisch!
Wir treten für eine Gesellschaft ein, in der
sich jede*r frei bewegen kann und niemand gehindert wird; in der geflüchtete
und behinderte Frauen, Lesben, nicht-binäre, trans und inter Personen einen
gesicherten Aufenthaltsstatus und ein sicheres und menschenwürdiges Zuhause
haben!
Wir kämpfen für eine Gesellschaft jenseits von
Nationalitäten und Grenzen. Wir sagen Antifeminismus, Rassismus,
Antisemitismus, Antiziganismus und antimuslimischen Rassismus den Kampf an!
Was bedeutet also Streik?
Ob es ein
politisches Streikrecht in Deutschland gibt ist umstritten. Deshalb müssen wir
umso kreativer werden! Es gibt viele
Möglichkeiten sich einzubringen. Halten wir zusammen und machen uns gemeinsam
sichtbar. Streik als Form der politischen Auseinandersetzung zu stärken, uns
nicht nur mit Appellen an Politik und Arbeitgeber*innen zu begnügen, ist nach
wie vor ein wirkungsvolles Mittel, um unsere Ziele durchzusetzen. Die
Ausdrucksformen sind dabei vielfältig: Von der Weigerung Kaffee zu kochen oder
nicht aufzuräumen bis hin zur Lohnarbeitsverweigerung ist alles möglich.
Werden wir
aktiv und organisieren uns! Rufen wir Schüler*innen-Versammlungen, Betriebs-
und Behindertenwerkstattversammlungen sowie Jugend- und
Auszubildenden-Versammlungen ein. Reden wir mit Kolleg*innen, Freund*innen,
Großmüttern, Müttern, Tanten und Schwestern.
Wir alle können rund um den 8. März gemeinsam
streiken. Üben wir Druck auf die Politik aus, demonstrieren auf den Straßen und
vereinnahmen öffentliche Plätze. Lasst
uns, wie unsere Vorgänger*innen und Mitstreiter*innen, mit allen nötigen
Mitteln für ein gutes Leben für alle kämpfen. Auf dass unsere Arbeit sichtbar
wird, unsere Forderungen durchgesetzt werden und der öffentliche Raum uns allen
gehört!
Bis jeder Tag 8. März ist! Schließt euch an!
[1]Das
Gender-Sternchen verweist generell auf den Konstruktionscharakter von
Geschlecht und soll Raum für eine eigene Definition geben.
[2]„Feminizid“ oder auch „Femizid“
bezeichnet einen geschlechterbasierten Mord an Frauen, nicht-binäre, trans und
inter Personen mit und ohne Behinderungen.
[3]Cis-Männer
sind die Männer, die schon bei ihrer Geburt als Männer eingeteilt wurden und
sich damit identifizieren. Auch Trans-Männer sind Männer, haben aber nicht die
gleichen Privilegien, sondern erfahren Unterdrückung.